28.03.2008
Der Kreis schließt sich. Jean Michel Jarre kehrt zu jenen Anfängen zurück, die ihm 1976 einen Welterfolg bescherten. Fern von Laserharp und Mega-Events präsentiert der Künstler 2008 sein Erstlingswerk in neuem (altem) Gewand: Alles live, Originalinstrumente, Musik und Sauerstoff pur.
JMJ - live in concert 2008 |
Den Auftakt zur Oxygene-Tour in Deutschland gab der Pionier des E-Pop vor wenigen Tagen - am 22. März 2008 - in München. Ein Muss für jeden Synthesizer-Freak, keine Frage! Für mich persönlich stellt das Erstlingswerk von Jarre ohnehin einen Meilenstein im Leben dar, denn es war jene LP ‘Oxygene’, die mein Interesse im Jahre 1986 auf Synthesizer lenkte. Für ‘Oxygene’ und ‘Equinoxe’ bewundere ich Jean Michel Jarre bis heute zutiefst. Spätere Alben – von einigen Songs bei Magnetic Fields beginnend, über Zoolook, Revolutions bis herauf zum – sehr eigenwilligen – Téo & Tèa scheinen mir – musikalisch gesehen – meist nicht mehr denselben (hohen) Stellenwert zu haben. Aber Jean Michel Jarre wußte schon immer musikalische Defizite gekonnt auszugleichen. Sei es durch gigantische Lasershows, außergewöhnliche Instrumente, ungewöhnliche Aufführungsorte (man denke an die Pyramiden von Gizeh), oder andere Spektakel. Seine Popularität ist bis heute ungebrochen.
Das Stimmen & Einstellen der Instrumente war (notwendiger) Teil des Konzerts |
Die Idee zur Oxygene-Tour kam Jarre – eigenen Angaben zufolge – erst vor wenigen Monaten - Weihnachten 2007. “Alles wieder original” oder “Back to the roots” könnte man hier sagen. Fast jedenfalls. Nicht zu vergessen ist das Album ‘Oxygene 7-13’, das vor einigen (vielen) Jahren veröffentlicht wurde und welches das originale Oxygene offensichtlich ergänzen sollte. Nun, die Songs 7 bis 13 konnten nie an die Qualität der frühen Songs anschließen (es war eher der matte Versuch Jarres, die Vitalität der Pionierszeit und damit sich selbst zu imitieren). Dennoch darf der späte “Appendix” in der Oxygene 2008 Tour nicht fehlen, was also so gesehen für eine gewisse “Neuheit” steht: Die klangliche Verbindung aller Oxygene Songs, eine gesamte Premiere sozusagen.
Die Stars des Fuhrparks: Moog 55, ARP 2600 und ARP 2500 |
Auch die Instrumentierung hat natürlich Neuzuwachs bekommen und entspricht nicht dem (im Verhältnis sehr bescheidenen) Oxygene-Equipment von 1976. Einen Moog Voyager, Moog Little Phatty, Alesis Andromeda oder Roland JP-8080 muss man heute natürlich schon im Gepäck haben. Daneben gibt es aber all die herrlichen Klassiker, die Synth-Freaks zum Schwärmen bringen (und allein deretwegen sich der Konzertbesuch absolut lohnte!): ein Moog System 55 (das – erstaunlich genug – auf der Bühne praktisch nicht im Einsatz war und eher durch bunt leuchtende Schalter als durch analoge Sounds überzeugte), ein CS-80 (der – erstaunlich genug – vorwiegend zur Erzeugung eines simplen, sturmähnlichen Noise-Klanges unter nicht sehr zimperlichem Kontakt von Jarres Handflächen eingesetzt wurde), ein RMI Harmonic Synthesizer (der wirklich genial und ungewöhnlich klang, selbst wenn sich Jarre darauf ab und zu etwas verspielte), einige VCS3 und AKS-Synthesizer (die mit merkürdigen Modulations-Sounds und schönen Vocal-Kreationen sehr überzeugend waren), ein Jupiter-8 (der für die aufsteigenden, harfenähnlichen Glissandi in Oxygene I eingesetzt wurde, was sicher nicht ganz original ist, aber sehr gut passte), ein schöner ARP-2500 (der sich das faszinierende Leucht-Syndrom mit dem Moogsystem teilte und musikalisch eher selten zum Einsatz kam), ein Memorymoog (der Jarre quasi als Hauptkeyboard diente und zuweilen um ein paar Dezibel zu laut justiert war), sowie noch eine Fülle an weiteren, ehrwürdigen und erstaunlichen Synthesizern (OSCar, Korg PS-3200, Two-Voice, etc).
Die komplette Band- 4 Musiker |
Da Jarre nicht alle Teile der Musik selbst live aufführen konnte, waren 3 weitere Keyboarder mit auf der Bühne, die dem Meister wertvolle Unterstützung leisteten. Das alles ließ sich von meinem “billigen” Platz in einer der letzten Reihen aus luftiger Höhe bestens einsehen.
Roland Jupiter-8 und Korg PS-3200 sind auch mit verdeckter Plakette zu erkennen, hier wird gerade der Minimoog gespielt |
Spektakulär waren einige artistische Einlagen
von Jarre, der innerhalb seiner Keyboard-Burg zuweilen sehr flink die
Seiten (und Instrumente) wechselte. Beinahe hätte der
Oberheim Two-Voice daran glauben und einem vermeintlichen Stolperer von
Jarre wiederstehen müssen, doch alles ist gut gegangen. Mangelnder Elan
ist dem Franzosen auf der Bühne sicher nicht nachzusagen!
Jean Michel Jarre |
Besonders spektakulär war natürlich jener Moment, als Jean Michel
Jarre die Hauptsequenz von Oxygene II spielte. Dies geschah am
Memorymoog, und das schreibmaschinenartige Hämmern von Jarres Fingern
sah in jedem Fall beeindruckend aus.
Jean Michel Jarre |
Jenes Theremin-Solo einer folgenden, ruhigen Oxygene-Nummer hätte
sich der Meister jedoch besser gespart, denn außer viel Action (es glich
eher einer Schlangenbeschwörung denn einer musikalischen Aufführung)
war da nicht viel zu holen. Jarre hatte sehr mit der Intonation zu
kämpfen, denn eines ist klar: Ein Theremin verlangt eine äußerst exakte
Spielweise...!
Jean Michel Jarre |
Als ARP-2600 Besitzer war ich denn auch ein wenig vom mageren
Geschehen rund um besagten Synth-Klassiker enttäuscht. Es gab
affektierte Gesten und ausladende Handbewegungen, doch aus dem
Instrument kam letztlich nicht allzu viel heraus. Wie dem auch sei, der
RMI Harmonic Synthesizer machte das wieder wett. Ein wunderbares
Instrument. Besonders genial war natürlich auch Jarres spezieller
Digisequenzer – ein opulenter, gewaltiger Lichtkasten (den ich gerne mal
im Studio hätte).
Jean Michel Jarre |
Die Nummer mit dem Moog Liberation hingegen hätte eventuell wieder dem Sparstift zum Opfer fallen sollen.
Jean Michel Jarre |
Jarre ist kein echter Virtuose (das hatte ich
schon vorweg vermutet, doch nun sah und hörte ich es live). Gerade die
'offenen', kreativen Stellen, an denen ein Künstler seine flinken Finger
zum Besten geben sollte, zeigten, was Sache ist. Jarre kennt sich auf
der Tastatur aus, keine Frage, doch der Zuhörer hat bei Live-Auftritten
wie diesem ausreichend Zeit um zwischen Virtuosität und Klischee-Soli
gut zu unterscheiden. Interessanterweise tat die mitunter mangelnde
Fingerfertigkeit des Meisters aber der Genialität des Konzertes keinen Abbruch.
Jean Michel Jarre |
Die Musik war gut, das Instrumentarium beeindruckend, die
Bühnenshow absolut gelungen, die Licht- und Multimedia-Effekte sehr
geschmackvoll eingesetzt, die ca. 1500 Zuseher waren begeistert. Kurzum:
Es war ein wunderbares Konzert. Standing Ovations für Jean Michel Jarre
- Oxygene is back...
Jean Michel Jarre |
Liste des Tour-Equipments (Auszug)
- Moog Memorymoog
- Moog System 55
- Moog Taurus
- Moog Minimoog
- Moog Little Phatty
- Moog Voyager
- Moog Liberation
- ARP 2600 (x2)
- ARP 2500
- ARP Odyssey
- EMS VCS-3 (x2)
- EMS AKS (x4)
- RMI Harmonic Synthesizer
- Roland Jupiter-8
- Roland Jupiter-4
- Roland SVC-350 Vocoder
- Korg PS-3200
- Mellotron
- Eminent Organ
- Yamaha CS-80
- Alesis Andromeda
- u.v.m
Musiker:
- Jean Michel Jarre
- Dominique Perrier
- Francis Rimbert
- Claude Samard-Polikar
Weitere Termine der Oxygene-Tour 2008:
06.04.2008, Hamburg
07.04.2008, Berlin
15.04.2008, Frankfurt
03.05.2008, Zürich
07.04.2008, Berlin
15.04.2008, Frankfurt
03.05.2008, Zürich
Source: amazona.de
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