11/10/2012
Spektakel mit Schwierigkeiten: Ägypten feiert sein siebtes Millennium
Eigentlich hatte Jean Michel Jarre eine zwölfstündige Multimedia-Oper geplant. Doch nach massiver öffentlicher Kritik insbesondere von islamischen Fundamentalisten haben die Veranstalter mit Rücksicht auf den Fastenmonat Ramadan die Hauptfeier auf zweieinhalb Stunden gekürzt.
Von Jarres ursprünglicher Idee ist damit kaum noch etwas übrig: In Anlehnung an eine pharaonische Tradition wollte er die Sonne auf ihrer Reise durch die Nacht begleiten - von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Probleme bereitet den Veranstaltern auch das Vorhaben, die 136 Meter hohe Cheops-Pyramide während der Feier mit einer vergoldeten Spitze zu krönen. Die Idee ist gleich von zwei Seiten unter Beschuss geraten: Islamisten sehen in der Goldspitze ein "Symbol des freimaurerischen Zionismus" und wittern eine Verschwörung dunkler Mächte. Denkmalschützer fürchten, die drei Tonnen schwere Metallspitze könnte die Pyramide beschädigen. Der Kulturminister erwägt nun, statt Metall eine stoffbespannte Holzkonstruktion zu verwenden oder die Pyramide nur durch Lichteffekte zu vergolden.
Unterdessen verwandelt sich das Pyramidenplateau von Giseh allmählich in eine Großbaustelle. Arbeiter errichten neben einer Bühne in der Größe von 18 Fußballfeldern auch 15 beheizte Großzelte mit Holzfußboden. Darin werden jene 7500 Gäste das Spektakel verfolgen, die für 400 US-Dollar einen Sitzplatz samt Menü von Fünf-Sterne-Hotels gebucht haben. Falls die Regierung nicht in letzter Minute eine anders lautende Weisung gibt, können sie sogar ein Glas Wein zum Dinner genießen, was sonst im Ramadan verboten ist.
Ob sie für ihr Geld wirklich die besten Plätze bekommen haben, ist indes unsicher. Denn die Beschallung des riesigen Geländes in der Wüste erweist sich schwieriger als gedacht. Am Ende könnte es sein, dass die Zuhörer auf den 50.000 Stehplätzen direkt vor der Bühne den besseren Sound hören.
Viele Ägypter lässt der ganze Rummel kalt. Während das Kulturministerium mit dem Slogan "Das dritte Millennium für die Welt, das siebte für Ägypten!" wirbt, leben sie gerade im zweiten: Der Jahrtausendwechsel fällt mitten in das Jahr 1420 des islamischen Kalenders, und bei der Minderheit der koptischen Christen schreibt man das Jahr 1716. In Kairo werben die Reisebüros nicht mit Angeboten zur Millenniums-Feier, sondern mit Ramadan-Sonderreisen nach Mekka.
Hotelzimmer in Kairo sind für Kurzentschlossene immer noch zu haben. Allerdings sollten sie sich auf Preise von mindestens 220 US-Dollar (420 Mark) in den Fünf-Sterne-Hotels gefasst machen. Wem das zu teuer ist, dem bleibt in Ägypten eine romantische Alternative: Silvester in der Wüste unter winterklarem Sternenhimmel.
Christoph Dreyer
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